Winterabend 1941:
An den langen Winterabenden beschäftigten wir uns in unserer Familie oft damit, gemeinsam zu singen. Ein Radio hatten wir damals nicht, und Fernsehen gab es leider noch nicht.
Wenn wir sangen, blieb mancher auf der Straße stehen und lauschte dem schönen Gesang.
Besonders gemütlich und behaglich war es immer in der Weihnachtszeit, wenn die ganze Familie dann in der Küche um den Tisch saß und gemeinsam sang.
Meine Mutter hatte ihren Stammplatz zum Handarbeiten immer direkt unter der Küchenlampe, die zu dieser Zeit noch mit Gas betrieben wurde. Das Gestell war mit Glasperlenfransen dekoriert.
So saßen wir eines Abends in der Weihnachtszeit 1941, es war kurz vor Silvester, wieder alle vier zum gemeinsamen Singen in der Küche, jeder auf seinem Platz. Die altmodische Gaslampe – sonst hatte wir schon elektrisches Licht im Haus – leuchtete über uns. Wir sangen gerade das Lied „Kling, Glöckchen, klingelingeling“.
Auf einmal gab es eine schwere Erschütterung, das „Strömken“, der leuchtende „Glühstrumpf“ der Gaslampe, explodierte und eine Stichflamme setzte das Haar meiner Mutter in Brand.
Mein Vater nahm schnell das Strickzeug und löschte die Flammen. Eine kreisrunde, haarlose Fläche blieb auf ihrem Kopf zurück.
Gleichzeitig waren durch den Luftdruck alle Fensterscheiben am Haus geplatzt.
Der Schreck war gewaltig.
Wie wir am nächsten Tag erfuhren, war die erste Luftmine über dem Marktplatz explodiert. Viele Häuser in der Innenstadt waren dabei stark beschädigt oder zerstört worden.
Es gab die ersten Kriegstoten in der Stadt, darunter auch einige Kinder.
Willy Huvers (Jahrgang 1935)
Blick von St. Remigius über die Innenstadt (Ende Dezember 1941).
Foto: Heimatverein Borken (PKA).