Weihnachten kam das Christkind, nicht am Heiligabend, wie es heute üblich ist, sondern am ersten Weihnachtstag. Morgens ging es um acht Uhr zur Messe, eigentlich waren es drei Messen. Die Geistlichen mussten wegen des hohen Feiertages drei Messen hintereinander lesen. So waren die Messen ungewöhnlich kurz. Ich war der Ansicht, dass sie das wegen der Kinder taten, die ja sehnsuchtsvoll auf die Bescherung, auf das Christkind warteten. Natürlich war der Gottesdienst auch ein tolles Erlebnis. Endlich wurden wieder die schönen kirchlichen Weihnachtslieder gesungen. Es war recht feierlich.
Nach der Messe ging es nach Hause. Während des Frühstücks in der Küche kam im Wohnzimmer das Christkind. Nach dem Frühstück ging Vater ins Wohnzimmer und schaute nach, ob das Christkind fertig war. Dann klingelte ein Glöckchen und es ging der Reihe nach, das jüngste Kind zuerst, ins Wohnzimmer. Am Weihnachtsbaum brannten richtige Kerzen, keine elektrischen.
Die Krippe stand unterm Weihnachtsbaum. Später, als wir Zentralheizung hatten, stand sie auf dem kalten Wohnzimmerofen. Einige Zeit nach Heilige Drei Könige wurde der Weihnachtsbaum abmontiert und entsorgt, die Krippe wurde abgebaut. Ich kann mich erinnern, daß dabei, wir saßen beim Mittagessen, die Krippe abgebrannt ist, weil noch ein Kerzchen abbrennen sollte. Ein Knacken und Knistern machte uns auf den beginnenden Zimmerbrand aufmerksam. Der Brand war Gott sei Dank schnell gelöscht.
Damals war ich der Ansicht, dass dieses, wie es in der Bibel steht, für die Heilige Familie der Grund war, nach Ägypten zu fliehen.
Nun zurück zur Bescherung. Das Christkind brachte nützliche Dinge zum Anziehen, Spielzeug, Bücher und einen „Teller voll Leckers“, so hieß der. Da war ein Apfel drauf, Spekulatius, selbstgebackene Plätzchen und Nüsse.
Irgendwann bürgerte es sich in Borken ein, dass das Christkind schon am Heiligabend nachmittags kam. Wir Kinder fanden das toll, nur unsere Eltern nicht. Die meinten, das Christkind wäre erst nachts geboren und die Bescherung dürfe erst danach sein, und man müsse vorher in die Weihnachtsmesse gehen. Meine Eltern waren da sehr konservativ. Als dann bei anderen konservativen Familien die Bescherung auf Heiligabend verlegt wurde, kam bei uns das Christkind auch schon Heiligabend.
Eine schöne Erinnerung ist für mich, wenn am 2. Weihnachtsfeiertag die Tanten von der Raesfelder Straße kamen und nach dem Kaffeetrinken Weihnachtslieder gesungen wurden.
Woran ich mich heute noch gern erinnere: Weihnachten gab es Frankfurter Kranz nach Mutters Rezept. Das Besondere an diesem Rezept ist, er wird nur aus der Hälfte des Teigs eines normalen Rezeptes gemacht, aber mit der gleichen Menge Buttercreme und Johannisbeergelee.
Heinz Eming (2021)
Ausschnitt aus der Krippe des Kanonikus Anton Benker (1938-1951): Szene mit den Hirten am Lagerfeuer. (Foto: Pfarrarchiv St. Remigius Borken)
Hinweis:
Mehr über die Krippen in Borken finden Sie in der Broschüre
Rudolf Koormann
Auf Heu und auf Stroh
Krippentradition in Borken
Borken 2016