Die Wasserstiege 1908
Erinnerungen eines Zeitgenossen an die alte Wasserstiege
Erinnerungen eines Zeitgenossen an die alte Wasserstiege
Vor über 100 Jahren verfasste Justizrat Josef Brinkman (J.B.) den folgenden kleinen Text für die „Beiträge zur Heimatkunde des Kreises Borken“ (Nr. 5, 1908), in dem er an die Zeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts erinnerte.
Die Borkener „Wasserstiege“
Vor Erbauung der Kunststraße Borken-Heiden diente die damals bedeutend breitere „Wasserstiege“ als Hauptverkehrsweg von Borken nach Dülmen. Sie verbindet castra vetera [d.i. Xanten] direkt mit den berühmten «pontes longi» in den Velen-Rekener Sümpfen. Durch diesen Wasserweg lenkten noch vor etwa 50 Jahren die mit dem Cylinderhute geschmückten Anwohner der Rekener Moore ihre schmalen 4 rädrigen mit Torf beladenen Wagen, die von 2 hintereinander gespannten, meist scheckigen Pferden gezogen wurden, um Borken mit dem seiner Zeit unentbehrlichen Torf zu versorgen. In unserer spiegelklaren «Bandusia» (Horaz, III.13.) treiben noch zahlreiche silberfarbige Stichlinge («Roth-Bosten») ihr munter-behendes Wesen. –
Die Quellen wurden von den Alten als Leben und Erfrischung spendende heilige Stätte verehrt, sie waren Sühne- und Reinigungsort. –
Nordöstlich unseres Bächleins sind zahlreiche Urnen gefunden; das nördlich unmittelbar an ihm gelegene Grundstück heißt der «Butt»- (Knochen-) Kamp.
[Es folgt ein kleines Gedicht im Metrum des Asclep. V]
O Quell‘ silbern und klar rauschend im roten Sand,
Einst ein heiliger Hain, wo die Gebeine ruhn
Blonder Brukterer Söhne
Eingebettet in brauner Urn‘.
Wie oft hab‘ ich als Knab‘ spielend in deinen Wellen
Barfuß Kiesel gesucht, Stichling im Kraut gehascht,
Sonder Ahnung, daß einst du
Römern dientest als Quell und Weg
Da sie zogen vom Rhein hin zu der Emse Strand. –
Oft auch in deinem Bett zogen der Rekener Ross‘
Torf auf länglichen Karren, tief
Drang das Rad in das nasse Gleis.
„Nie weiß sengender Glut lästige Stunde dich
Heimzusuchen, du beutst labende Kühle dar“
Durch dein plätscherndes Wasser
Dem lustwandelnden Borkener.
Justizrat Josef Brinkman war ein fleißiger und angesehener Liebhaber der Borkener Geschichte. Unter anderem veröffentlichte er zum Stadtjubiläum 1926 eine Schrift über „Sieben Jahrhunderte Borkener Stadtgeschichte“.