Bis März 1945 war mein Zuhause in der Kleinen Turmstraße Nr. 2 in Borken. Das war sozusagen mitten in der Stadt, zwischen Wilbecke und Großer Turmstraße/Kuhm. Dort lag auch der so genannte „Lücks Garten“, der zum damaligen Hotel Lück am Marktplatz gehörte.
Der große Obstgarten war von einer zwei Meter hohen Mauer umgeben und auch für uns Kinder tabu.
In der Kriegszeit wurde der Garten von der NSDAP übernommen und von einem Kriegsversehrten des Ersten Weltkriegs strengstens bewacht.
Die Erträge aus dem Obstgarten waren nämlich für die damaligen Borkener Nazigrößen bestimmt, aber die Nachbarschaften Kleine Turmstraße und Nonnenplatz waren der Meinung, dass sie auch an der Obsternte teilhaben sollten.
Sie animierten also die Kinder, insgeheim für die Nachbarn zu ernten. Alle Jungen bekamen in der Küche bei Mutter Semsek einen „Erntebeutel“ verpasst, der aus einem viereckigen Lappen bestand und als Gesäßtasche aufgenäht war.
Ungefähr 15 Äpfel fanden in dem Beutel Platz, wovon aber jeder Erntehelfer von seiner „Ernte“ zwei Äpfel bei Mutter Semsek abliefern musste.
Unsere Kletter- und Ernte-Aktionen wurden natürlich mehrmals durchgeführt. Leider hat uns der Aufseher einmal entdeckt. Da ich der jüngste der Apfelpflücker war und immer als Letzter über die Mauer klettern musste, hat er mich gepackt und „meine“ Äpfel im Beutel mit einer Dachlatte zu Apfelmus geschlagen. Die Schmerzen waren aber zu ertragen. Natürlich haben wir unsere Aktionen fortgesetzt.
Nach der Erntezeit wurden die „Erntebeutel“ abgetrennt und im nächsten Jahr wieder gebraucht.
Willy Huvers (Jahrgang 1935)
Auf diesem Foto blickt man zwischen dem Haus Sonntag (Hollstegge) links und dem Hotel Lück in die Grünstraße, die heutige Johann-Walling-Straße.
(Postkarte: Richard Blumenthal, Hannover)
Auf diesem Foto blickt man in die Hl.-Geist-Straße. Links das Haus Sonntag, rechts vorn das Hotel Lück. An der Kreuzung geht rechts die Grünstraße ab, die heutige Johann-Walling-Straße.