Die Borkener und die Fremden
Borkener, das ist bekannt,
sind an sich sehr tolerant
gegenüber fremden Leuten.
„Tolerant“ – das kann bedeuten,
dass man Fremde leben lässt,
ja, sogar in Borken-West!
Kommt ein Bocholter hierher,
nimmt man nicht gleich das Gewehr,
duldet Menschen selbst aus Gemen,
falls die sich hier gut benehmen.
Mordlust kann man gut verhehlen,
selbst bei Reisenden aus Velen.
Bei genetisch noch verwandten
Stadtbesuchern und Migranten
Ist’s egal, woher sie kommen:
Bork’ner ha’m sich vorgenommen,
gegen Fremde nicht zu hetzen!
Doch man sieht wohl ihr Entsetzen,
wenn die fremden „alten Knaben“
gelbe Nummernschilder haben.
Trifft man Menschen an den Theken
aus Afghanistan, aus Reken
oder Raesfeld, Burlo, Heiden,
wird man möglichst es vermeiden,
vorschnell sie zu attackieren
oder gar zu massakrieren.
Falls die Tochter mal wird flügge,
und ’nen Kerl aus Rhedebrügge
mit nach Flause bringen sollte,
was die Mutter niemals wollte,
spräche dann sogar von Kindern
wüsste man dies zu verhindern!
Borkener sind generell
lieber individuell,
gehen, dafür gibt’s Belege,
allen Fremden aus dem Wege,
bleiben ruhig, solang wie’s geht,
bloß dass ja kein Streit entsteht.
Nur bei Niederländern halt
hat man sich nicht in Gewalt:
Menschen aus den Niederlanden,
die den Weg nach Borken fanden,
werden, da die Liebe schwächelt,
sogar aggressiv belächelt.
Der Alarmruf „Feurio!“,
der ertönt nur anderswo.
Hier stattdessen heißt’s auf Platt:
„Nederlandse in de Stadt!“
Das löst hier in jedem Haus
automatisch Panik aus.
Alle hier in Borken wissen:
Holländer sind wie Hornissen,
fallen – daher der Alarm –
hier in einem großen Schwarm,
lauthals redend, im Verein,
schrecklich über uns herein.
Manchmal sind es bis zu zehn,
die dann uns’re Stadt besehn,
ihre Caravans verlassen
und dann hier in uns ren Gassen
Schrecken überall verbreiten,
während übern’n Markt sie schreiten.
Borkener zieh’n sich zurück,
finden das verlor’ne Glück
dann daheim in Haus und Garten,
wo in Ruhe sie drauf warten,
dass die fremden Völkerscharen
bald nun wieder heimwärts fahren.
Peter Wittkampf (zum 27.11.2019)
Der Autor Peter Wittkampf mit seinem Buch „So also ist der Westfale“ (2018).