Engagierte Frauen aus Borken
Ein besonderer Vortragsabend in der Reihe „Geschichte ist mehr …“
Ein besonderer Vortragsabend in der Reihe „Geschichte ist mehr …“
Vier Frauen – drei Referent(inn)en
Die jüngste Veranstaltung in der Reihe „Geschichte ist mehr …“ am 18. Oktober 2017 brachte eine Neuerung: Gleich drei Referent(inn)en stellten vier Frauen vor, die alle in Borken geboren sind, in ihrem Leben aber weit über die Grenzen ihrer engeren Heimat tätig geworden sind.
Zunächst berichtete Ursula Brebaum in einem konzentrierten Vortrag über die Künstlerin Nina Winkel (1905-1990). Geboren als Katharina Koch, Tochter des Rektoratschullehrers Ernst Koch, besuchte sie die „höhere Töchterschule“ und durfte als 16-Jährige mit Unterstützung ihres Vaters nach Düsseldorf, kehrte aber wegen der Besetzung des Rheinlands nach Borken zurück, wo sie an einer Wanderbühne als Schauspielerin tätig war und ihre Leidenschaft fürs Theater entdeckte. So begann sie eine Ausbildung am Schauspielhaus Bochum, das seinerzeit von Saladin Schmidt geleitet wurde. Ende der Spielzeit 1929 aber fiel ihre Entscheidung für die Bildende Kunst. 1932 heiratete sie Georg Winkel und nannte sich seitdem Nina Winkel. Die Emigration des Paares – George Winkel war jüdischer Abstammung – in die USA Ende 1941/Anfang 1942 bedeutete für die Karriere der bildenden Künstlerin Nina Winkel einen enormen Fortschritt. Bereits 1945 erhielt sie einen Preis für eine Plastik. Am Ende ihres jahrzehntelangen, vielseitigen Schaffens war sie nicht nicht nur hoch angesehen, sondern auch vermögend geworden. – Zwei Werke der Künstlerin gibt es in Borken: im ehemaligen Kreishaus und heutigen Rathaus Die Schule von Athen und den Korpus Christi in der Remiguskirche.
Anschließend stellte die Kunsthistorikern Daniele Schmidt die Malerin Julia Schily-Koppers (1855-1944) vor. Die Tochter des Borkener Richters Albert Koppers (1813–1900) und seiner Ehefrau Auguste (1817–1908) erhielt – nach erfolgreicher Auseinandersetzung mit ihrer Familie – ihre erste Malausbildung in Münster bei dem Kirchenmaler Dominik Moser. 1876 wurde sie an der Kunstakademie in Düsseldorf aufgenommen und studierte bei Benjamin Vautier. Außerdem war sie Privatschülerin von Eduard Gebhardt und Wilhelm Sohn, wo unter anderem Paula Monjé und Sophie Meyer ihre Mitstudentinnen waren. Das Kunststudium war für Frauen nicht nur teurer als für Männer, sondern auch mit Einschränkungen hinsichtlich der notwendigen akademischen Anatomie-Studien verbunden. Aber Julia Schily-Koppers machte sich einen Namen und konnte, wie es heißt, 1883 Kaiser Wilhelm ihr – inzwischen verschollenes – Bild Gelegenheit macht Diebe verkaufen. 1884 stellte sie in Halle in einer eigenen Ausstellung 80 Ölstudien aus.
Dr. Heiner Teroerde referierte dann über zwei Schwestern aus der zugezogenen protestantischen Gutsbesitzer-Familie Stach von Goltzheim, die sich auf Gut Pröbsting niedergelassen hatte. Die weniger bekannte Maria (*1876) wurde ausführlich vorgestellt, auch in ihren unangepassten Verhaltensweisen. – Auch das Leben ihrer Schwester, der Schriftstellerin Ilse von Stach (1879-1941), verlief recht kompliziert. Nach familiär bedingt frühem Umzug zu Verwandten in Aurich und Besuch eines Internats setzte sie ihren Berufswunsch durch und veröffentlichte bereits mit 19 Jahren ihren ersten Gedichtband Wer kann dafür, daß seines Frühlings Lüfte weh’n. Besondere Erwähnung fand das 1906 erschienene „Weihnachtsmärchen“ Das Christ-Elflein, zu dem Hans Pfitzner im gleichen Jahr noch die Musik komponierte (op. 20).
1908 konvertierte Ilse von Stach zum Katholizismus. Nach zwei gescheiterten Ehen lernte sie im gleichen Jahr den Kunstkritiker Martin Wackernagel, kennen. Sie heirateten 1912. 1921 zog das Paar nach Münster, wo Ilse 1941 starb. –
Inserat in der Borkener Zeitung (6.11.1915)
Der Roman Haus Elderfing (1915), der natürlich auch in Borken beworben wurde, erzählt unter anderem von ihrer Jugend auf dem Gut Pröbsting.
Nina Winkel (Unsere Heimat 1990, S. 217)
(Hinweis 2024: Eine ausführliche Würdigung der Künstlerin hat Ursula Brebaum im Jahrbuch des Kreises Borken 1990, S. 216-218, veröffentlicht: „In memoriam Nina Winkel”).
Die Kunsthistorikerin Daniele Schmidt beschäftigt sich schon lange mit der Borkener Malerin Julia Schily-Koppers.
(…) Dieser Abend war ein wichtiger Beitrag zu einer öffentlichen Diskussion über die Rolle von Frauen in älterer – und heutiger – Zeit und über gute Gründe, an ihre Borkener Herkunft durch die Namengebung von Straßen und Plätzen zu erinnern. Bruno Fritsch