Bahnhof Borken(Westf.): 2013-2018
Die Verwandlung eines alten Bahnhofsgeländes
Die Verwandlung eines alten Bahnhofsgeländes
Rückblick
Der Rat der Stadt Borken hat am 26. Juni 2013 die Verlängerung der Bahnhofstraße und die Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes (Abriss des Bahnhofsgebäudes und Neubau des Busbahnhofs) beschlossen.
Zuvor wurde im Rahmen einer Modernisierungsoffensive der Deutschen Bahn AG der Bahnsteig des Borkener Bahnhofs etwa 150 m in Richtung Bahnhofsmitte verlegt. Diese Maßnahme war notwendig, um die Bahnhofstraße zur Entlastung der Ahauser Straße ohne Kreuzung mit den Schienen zum Industriegebiet an der Gelsenkirchener Straße fortführen zu können.
Verlängerung der Bahnhofstraße
Nach Rückbau der Gleis- und Signalanlagen konnte die Verlängerung der Straße in einem Bogen durchgeführt werden. Dieser war erforderlich, da die Sicherheitsvorschriften der Bahn einen der Einfahrgeschwindigkeit angepassten „Durchrutschweg“ ab dem am Bahnsteig stehenden Signal vorschreiben.
Zugleich wurde auch mit den Arbeiten für eine Parkfläche auf der Ostseite des Bahnhofsgebäudes begonnen. Im Juni 2014 wurde die Fläche mit 100 Parkplätzen, die nur vom Ramsdorfer Postweg angefahren werden kann, freigegeben. Sie war als vorübergehende Stellfläche gedacht, wird aber immer noch von den Bahnreisenden als Langzeitparkplatz (P+R) genutzt.
Errichtung des Lärmschutzwalls
Am 20. Januar 2014 starteten die Bauarbeiten zur Errichtung eines Lärmschutzwalls für das zukünftige Wohngebiet „Wasserstiege“. Ein erster Schritt war die Freilegung der Fläche westlich der Bahntrasse. Über die bereits asphaltierte verlängerte Bahnhofstraße wurde dann Sand vom Pröbstingsee und vom ehemaligen Kasernengelände auf die Fläche zwischen der Arbeitsagentur und dem in der Nähe des Dülmener Wegs gelegenen Stellwerk gefahren. Auf diesen Untergrund kam dann Material aus dem Baugebiet Borken West.
So ist auf der Bahnseite ein 9 m hoher Erdwall mit einer gleichmäßigen Böschungsneigung entstanden. Auf der Seite zum geplanten Wohngebiet wechseln sich Steilneigungen mit flacheren Rasenhügeln ab, die mit einzelnen Baumgruppen und Ziersträuchern bepflanzt sind. Auf der Wallkrone ist eine 3 m hohe Lärmschutzwand errichtet worden. Am Fuß des Walls verbindet ein Weg den Dülmener Weg mit dem Busbahnhof.
Abriss des Bahnhofsgebäudes
Nach der Zerstörung des historischen Bahnhofsgebäudes im Zweiten Weltkrieg und dem Provisorium in einer Baracke wurde 1952 das neue Empfangsgebäude des Bahnhofs in Betrieb genommen. Getrennt durch den Aufbewahrungsstand für Fahrräder schlossen sich der Lagerschuppen und das Abfertigungsgebäude der Güterabfertigung sowie das Bahnzollamt an. 1975 sind bereits die Stückgutabfertigung und der Wagenladungsverkehr aufgegeben worden. Es erfolgte danach der Abriss der Güterabfertigung mit dem Güterschuppen. Wegen des Rückgangs der Reisendenzahl und des Expressgutaufkommens wurden auch die Fahrkartenausgabe und der Expressgutschalter geschlossen. Die Stadt Borken kaufte das Gebäude und das umliegende Bahngelände.
Als die DB-Agentur „Reise-Center Borken“ in einen Container am neuen Parkplatz auf der früheren Gleisseite umzog, wurde das Empfangsgebäude am 11. Juni .2014 für den Publikumsverkehr geschlossen.
Der Ratsbeschluss vom Juni 2013 beinhaltete neben den Plänen zum Ausbau der Bahnhofstraße und der Neugestaltung des Busbahnhofs auch den Abriss des Bahnhofsgebäudes. Gegen die Aufgabe des Gebäudes, das ein Zeugnis des Wiederaufbaus nach dem Kriege war, gab es Protest im Stadtrat und bei der Bevölkerung. So beteiligten sich gut 40 Personen an einer „Montagsdemo” am Bahnhofsgebäude, vor dem neuen Bahnsteig und auf der Bahnhofsstraße gegen die Planung im Bahnhofsumfeld. Gleichzeitig gab es eine an den Bürgermeister gerichtete Petition im Internet, an der sich 409 Personen beteiligten. Darin wurde gefordert, das Gebäude nicht abzureißen, sondern es einer anderen Verwendung zuzuführen.
Der Protest hat den Rückbau des Gebäudes nicht verhindern können. Der Abriss erfolgte in der Zeit vom 4. bis 12. August 2014.
Neugestaltung des Busbahnhofs
Am 10. Juni 2014 begann mit einem offiziellen Spatenstich die Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes. Schon Anfang 2014 wurden 75 von 95 Bäumen gefällt, allerdings sind im Zuge der Maßnahme 59 neue gepflanzt worden.
Die bauliche Gestaltung des Busbahnhofs erfolgte in zwei Abschnitten. Die erste Etappe begann südlich der verlängerten Bahnhofstraße vor dem Gebäude der Arbeitsagentur und am neuen Bahnsteig. Die Bushaltestellen blieben vor dem alten Bahnhofsgebäude. 2015 ist der zweite Bauabschnitt in Angriff genommen worden. Der Busbahnhof wurde auf den fertigen Platz vor der Arbeitsagentur verlegt. Am 4. September 2015 konnten beide neuen Bus-Inseln in Betrieb gehen.
Danach waren noch einige weitere Arbeiten erforderlich. So wurden die zunächst nur provisorischen Bushaltestellen, bei denen Linienbezeichnungen und Liniennummern aufgeklebt waren, ausgebaut und durch ein dynamisches Fahrgast-Informationssystem (DFI) ergänzt. Mithilfe dieses Systems sollen die Kunden minutengenau erfahren, wann die Busse ankommen oder abfahren. Eine große Tafel auf der Mittelinsel am Übergang zum Zugbahnsteig ist mit einer Vorlesefunktion ausgestattet worden. Durch Knopfdruck können sich so auch Menschen mit Sehbehinderungen informieren.
In der Folgezeit wurden barrierefreie Zugänge zum Bahnsteig und den Haltestellen sowie Unterstellhäuschen für Fahrräder und Wartehäuschen eingerichtet.
Mit der Fertigstellung des Servicegebäudes war nach 32 Monaten Bauzeit der Umbau des Bahnhofsvorplatzes abgeschlossen. In diesem Baukörper befinden sich die DB-Agentur und eine öffentliche barrierefreie Toilette. Außerdem gab es in dem Haus noch ein Café, das in den ersten eineinhalb Jahren „Gleis B“, danach „Café Stellwerk“ genannt wurde. Im Februar 2019 ist es geschlossen worden. Am 04.06.2016 fand die offizielle Eröffnung des neuen Busbahnhofs statt.
Ausblick: Das Stellwerk
In den letzten 25 Jahren hat sich der Bahnhof Borken (Westf.) mit seinem Umfeld stark verändert. Nur noch drei Gleise, die von Süden kommend an der verlängerten Bahnhofstraße enden, und das Stellwerk Bf sind von der einstmals bedeutenden Eisenbahnanlage geblieben. Von dem mechanischen Stellwerk, das 1902 im Zuge der Eröffnung der Bahnlinie Empel-Rees – Münster errichtet wurde, sind zuletzt nur noch das Einfahr- und Ausfahrsignal (Hauptsignale), zwei Rangiersignale (Schutzsignale), zwei Weichen und die elektrisch betriebene Schranke am Dülmener Weg bedient worden. Auch die Ansagen über die Lautsprecheranlage am Bahnsteig erfolgten von dort.
Doch auch für das Stellwerk Bf ist die Zeit abgelaufen. Es wurde durch ein elektronisches Stellwerk (ESTW) ersetzt. Die Außeneinheit in Borken wird seit dem 10.12.2018 vom elektronischen Stellwerk Cf in Coesfeld gesteuert.
Die mechanischen und elektromechanischen Elemente im ehemaligen Stellwerk Bf (Blockwerk, Hebelwerk und Spannwerk) wurden außer Betrieb genommen und das Personal abgezogen. Lichtsignale haben die Formsignale ersetzt und die Weichen sind mit einem Elektromotor ausgerüstet worden. Außerdem ist eine Gleissperre auf den Abstellgleisen als Flankenschutz für die ein- und ausfahrenden Züge eingebaut worden. Die Schrankenanlage am Dülmener Weg wird vom Stellwerk Cf in Coesfeld und durch die Züge gesteuert.
In der Zwischenzeit ist das Stellwerk zurückgebaut worden. Das Spannwerk im Keller wurde bereits 2019 entfernt. Im Juni 2020 wurde das Hebelwerk abgebaut und ins Ersatzteillager Wuppertal gebracht. Das Blockwerk wurde verschrottet.
Das Stellwerksgebäude ist noch nicht entfernt worden. Der Plan des Heimatvereins Borken e.V., mit Unterstützung der Stadt Borken ein kleines Eisenbahnmuseum einzurichten, konnte nicht verwirklicht werden. Die Deutsche Bahn AG will das Gebäude nicht verkaufen, da die Flächen für zukünftige Infrastrukturmaßnahmen benötigt werden.
Es bleibt zu hoffen, dass das letzte Zeugnis der langen und erfolgreichen Eisenbahngeschichte in der Kreisstadt nicht abgerissen wird und damit ein Stück der Geschichte Borkens lebendig und für die nächsten Generationen greifbar bleibt.
(Zuletzt aktualisiert am 6.7.2020.)
Ingo Bergsdorf (2018/20)
Das war einmal: die Bahnhofsgebäude und der Vorplatz. (Foto: Heimatverein Borken e.V.)
Meter für Meter arbeitet sich der Abrissbagger vor. (Foto: Bergsdorf)
Blick vom Bahnsteig auf die Bahnhofstrümmer. (Foto: Bergsdorf)
Der neue Busbahnhof. (Foto: Stadt Borken)
Das neue „Servicegebäude” mit dem „Cafe Stellwerk”. (Foto: Bergsdorf)
Das alte Stellwerk. (Foto: Bergsdorf)
Das Stellwerk von innen. (Foto: Bergsdorf)
Endstation am neuen Bahnsteig 1. (Foto: Bergsdorf)