Der alte Brauch, am Johanni-Tag (24. Juni) die Glocke der Nachbarschaft zu läuten, wird von der Borkener Nachbarschaft Commende/Heilig-Geist-Straße gepflegt. Dieses Läuten diente gewissermaßen als „Probealarm“, denn eine solche Glocke diente in früheren Zeiten als Notsignal, zum Beispiel für den Feueralarm.
Johanni-Tag – Tag der Borkener Nachbarschaften
von Ursula Brebaum
Der 24. Juni, Geburtstag des hl. Johannes des Täufers, ist für die Stadt Borken ein Tag mit besonderer Tradition. Wenn nach altem Brauch um 13.00 Uhr das Glöckchen von Rathausturm* erschallt, dann ist das eine Aufforderung an die Nachbarschaften Borkens, sich in ihren Nachbarschaften an einer Straßenecke zu versammeln. Man kommt zum jährlichen Treffen zusammen, um – gestärkt durch einen Schluck Münsterländer Korn – die wichtigsten Ereignisse der Nachbarschaft im vergangenen Jahr zu besprechen, zur Erinnerung aller Mitglieder die Statuten zu verlesen, zugezogene Nachbarn auf Antrag in die Nachbarschaft aufzunehmen und um die neuen Gildeherren bzw. Gildeherrinnen zu wählen. Diese sind dann für das kommende Jahr die offiziellen Vertreter der Nachbarschaft, die dafür Sorge tragen, daß bei freudigen wie auch bei traurigen Ereignissen entsprechend den Statuten verfahren wird.
Als Datum für die Verkündung der Statuten, für die Zusammenkunft der Nachbarn und die Wahl des Gildeherrn wird in Borken immer wieder der Festtag des hl. Johannes des Täufers angegeben. Das mag damit zusammenhängen, daß dieser Heilige in der katholischen Kirche besonders verehrt wurde. Bis zum Jahre 1828 war der Johanni-Tag sogar ein „gebotener“, von der katholischen Kirche festlich begangener Feiertag.
Im späten Mittelalter entwickelte sich im Münsterland zum Johanni-Tag der Brauch der „Marken-Schnaet“ oder des „Schnaet-Gangs“. Die Schützenbruderschaften machten sich an diesem Tag auf, die Feldmarkgrenzen zu besichtigen. Da die Schützenbruderschaften sich wiederum aus den Mitgliedern der einzelnen Nachbarschaften rekrutierten, mag es sein, daß man bei dieser Gelegenheit die neuen Gildeherren wählte, weil man einmal zusammengekommen war. Doch letztendlich gibt die Heimatgeschichtsforschung auf die Frage, warum sich die Nachbarschaften am Johanni-Tag trafen, keine Antwort.“
Ursula Brebaum: Johanni-Tag. Tag der Borkener Nachbarschaften, in: Unsere Heimat. Jahrbuch des Kreises Borken 1983, S. 200-201.
*Seit 1945/50, nach dem Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Rathauses, befand sich der so genannte „Dachreiter“ der Heilig-Geist-Kirche auf dem Rathausturm, wie die Abbildung zeigt. Seitdem findet das „Johanni-Läuten“ hier im ehemaligen Dachreiter statt.