Rudolf Koormann vom Heimatverein Borken hat die Geschichte der Grütlohner Nachbarschaft zurückverfolgt. Zu seinem Vortrag unter dem Titel „Ein Hof und sieben Kotten – Jodocus Hermann Nünning als Gutsherr auf dem Wickinghoff“ wird am Mittwoch, 19. März, um 19.30 Uhr ins Stadtmuseum Borken eingeladen.
Von Markus Schönherr
GRÜTLOHN. Die Nachbarschaft Wickinghof pflegt ihre Gemeinschaft. Bester Beleg dafür sind die Treffen an jedem 16. Mai an der Sandsteinfigur des heiligen Johannes Nepomuk. Zum Namenstag des Schutzheiligen des Beichtgeheimnisses kommen die Bewohner der zehn umliegenden Höfe zusammen. Dass es diese Gemeinschaft überhaupt gibt, haben die Wickinghof-Nachbarn einem berühmten Mann zu verdanken: dem Gelehrten Jodocus Hermann Nünning.
Rudolf Koormann vom Heimatverein Borken hat die Geschichte der Grütlohner Nachbarschaft zurückverfolgt. Entstanden ist sie, nachdem Nünning Anfang des 18. Jahrhunderts den Wickinghof geerbt hatte. Bis dahin gab es in der Nachbarschaft dieses Gutes zwei Kotten. Nünning ließ zwischen 1735 und 1750 fünf weitere Kotten bauen. Bis heute bilden diese acht Hofstellen zusammen mit zwei neueren Gebäuden die Nachbarschaft Wickinghof. In Archiven und vor allem in Nünnings Tagebuch (kürzlich herausgegeben von Dr. Werner Frese) fand Koormann jede Menge Hinweise auf die Konditionen, zu denen Nünning die Kotten verpachtete.
„Er hat alles penibel aufgeführt“, sagt Koormann. So mussten zum Beispiel die Pächter des Kottens Sieverding Jahr für Jahr vier Hühner abtreten und vier Leibdienste leisten, also vier Tage auf Nünnings Wickinghof arbeiten. Außerdem mussten die Hofpächter 14 Reichstaler zahlen, was etwa dem Jahreseinkommen eines Knechtes entsprach. „Keiner der kleinen Pächter konnte die Pacht pünktlich liefern“, sagt Koormann. Nünning führte genau Buch darüber, wer wann wie viel zahlte. Koormann will aber nicht den Eindruck erwecken, Nünning habe die Menschen damals ausgenutzt. „Der Anteil der armen Bevölkerung war sehr groß. Nünning hat den Menschen die Möglichkeit für eine wirtschaftliche Existenz gegeben.“
Eineinhalb Jahre hat Rudolf Koormann die Geschichte der Nachbarschaft Wickinghof (früher: Wickinghoff) erforscht. Nünnings Tagebuch sei darüber hinaus auch eine wichtige Quelle für die Borkener Stadtgeschichte. Auch das Adelsarchiv Haus Ruhr hat Koormann angezapft. So konnte er für fast alle Höfe der Nachbarschaft die Bewohner über mehrere Generationen hinweg identifizieren.
Der Sandstein-Nepomuk inmitten der Wikinghof-Nachbarschaft hat übrigens auch mit Nünning zu tun. Kurz vor seinem Tod im Jahr 1753 hatte Nünning die Statue beim Coesfelder Bildhauer Cornelius Sasse in Auftrag gegeben. Den Nachbarn leistet Nepomuk heute noch Gesellschaft.
Der Vortrag von Rudolf Koormann hat den Titel „Ein Hof und sieben Kotten – Jodokus Hermann Nünning als Gutsherr auf dem Wickinghoff“. Er beginnt am Mittwoch, 19. März, um 19.30 Uhr im Stadtmuseum Borken. Es handelt sich um eine Veranstaltung der Reihe „Geschichte ist mehr“ von Heimatverein, Stadtmuseum und Volkshochschule.
Borkener Zeitung, 15. März 2014