Die Vortragsreihe „Geschichte ist mehr…“ ist am Mittwochabend im Stadtmuseum fortgesetzt worden. Mit vielen historischen Lichtbildern schilderte Ingo Bergsdorf eindrucksvoll die Borkener Eisenbahngeschichte.
BORKEN (tha). Erst 35 Jahre nachdem die erste Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth dampfte, erlebte auch die kleine Kreisstadt Borken ihren Anschluss an das Schienennetz. Zehn Tage allerdings dauerte es einer Anekdote zufolge nur, bis nach Inbetriebnahme des Reisezugverkehrs von Essen nach Amsterdam über Borken am 21. Juni 1880 das erste Opfer auf der Strecke zu beklagen war. Bei Rhade wurde ein Hase überfahren, da er sich wohl noch nicht an die neuen Gegebenheiten gewöhnt hatte.
Mit der Borkener Eisenbahngeschichte, die Ingo Bergsdorf am Mittwoch im Stadtmuseum eindrücklich schilderte, startete die Vortragsreihe „Geschichte ist mehr…“ in das Jahr 2014. Etwa 45 Besucher tauchten dabei in ein höchst interessantes Kapitel Borkener Geschichte ein, das trotz vieler Höhen und Tiefen auch heute noch nicht so ganz abgeschlossen ist.
Schon unmittelbar nach Anschluss an die Eisenbahn entwickelte sich Borken zu einem bedeutenden Knotenpunkt: insgesamt vier Bahnen kreuzten die Stadt. Ab 1902 existierten mit dem Bahnhof der Westfälischen Landeseisenbahn sogar zwei Bahnhöfe unmittelbar nebeneinander. Mit Folgen für die Gemener Straße, die heutige Ahauser Straße, da diese gar von zwei Bahnübergängen in unmittelbarer Nachbarschaft gekreuzt wurde.
Doch schon ab dem Ersten Weltkrieg nahm die Bedeutung Borkens als Knotenpunkt langsam ab. Bedingt durch das Zugunglück im September 1938, den Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs und dem Zechensterben ab Ende der 1950er Jahre, schwanden die Güter- und Passagierzahlen. Der Verkehr verlagerte sich zusehends von der Schiene auf die Straße – Strecken wurden eingestellt und so wurde 1996 Borken endgültig zum Endbahnhof.
Ingo Bergsdorf, der seine Ausbildung bei der Bundesbahn absolvierte, später aber als Lehrer am Berufskolleg tätig war, wartete immer wieder mit spannenden Details auf. Die Bahnschranke am Dülmener Weg hatte etwa früher den Spitznamen „Glückauf-Schranke“. Nicht wegen der Bahnverbindung ins Ruhrgebiet, sondern weil man wegen vieler Rangierarbeiten von Glück sprechen konnte, wenn die Schranke tatsächlich auf war.
„Heute aber ist die Bedeutung des Eisenbahnknotenpunktes Borken Geschichte“, ist sich Bergsdorf sicher. Seiner Begeisterung für die Schienengeschichte tut dies aber keinen Abbruch. „Ich bin immer noch Eisenbahner im Innern“, sagt er voller Überzeugung und sein Vortrag bestätigte dies.
Borkener Zeitung, 31. Januar 2014